In der DDR war ich glücklich. Trotzdem kämpfe ich für die Einheit

Dem Einigungsvertrag war der erstaunlich rasch zusammengehäkelte Staatsvertrag zwischen der DDR und der Bundesrepublik vorausgegangen. Schon am 18. Mai, reichlich vier Wochen nach Arbeitsaufnahme unserer Regierung, hatten die beiden Finanzminister Waigel (CSU) und Romberg (SPD) im Palais Schaumburg in Bonn, wo denn sonst, einen Vertrag über die Herstellung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen beiden Staaten unterzeichnet. Dieser trat am 1. Juli in Kraft und hatte entscheidende Veränderungen im Osten zur Folge.
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Mit der Einführung der D-Mark in der DDR wechselte die Finanzhoheit von Berlin nach Bonn, womit sich de facto die Eigen- und Selbstständigkeit der DDR erledigt hatte. Die Umstellung des Außenhandels der DDR auf die harte Währung führte zum Verlust des Marktes in Osteuropa. Die Geschäfte im Ostblock, und dort befanden sich bis dahin die Hauptabnehmer von Waren und Dienstleistungen aus der DDR, erfolgten in der Regel auf der Basis einer Verrechnungseinheit, transferabler Rubel geheißen.
Durch die abrupte Währungsumstellung erfuhr der seit Monaten aus verschiedenen Gründen zu beobachtende Niedergang der DDR-Volkswirtschaft eine weitere Beschleunigung. Verstärkt wurde dieser Prozess von der in der Sozialunion beschlossenen Lohnerhöhung in den DDR-Betrieben – und das bei sinkenden Erträgen. Die Außenmärkte brachen weg, der Binnenmarkt schrumpfte – mit dem Westgeld kauften die DDR-Bürger lieber Westwaren, weil die bunter und angeblich besser waren (was sich alsbald als Irrtum herausstellen sollte und die Rückkehr zu den bekannten Ostmarken erfolgte – sofern diese überhaupt noch existierten).
Der ökonomische Irrsinn wurde mit gewaltigen Finanztransfers zu kompensieren versucht, was aber auch nur kurzfristig half: Das meiste Geld blieb ohne nachhaltige Wirkung und floss zudem wieder in den Westen zurück: über die West-Unternehmen, die mit Treuhandzuschüssen DDR-Betriebe übernahmen, über die Verwaltungsbeamten, die mit Buschzulage in den Osten geschickt wurden, über die Aufbauaufträge, die nicht an Betriebe in der Region, sondern an westdeutsche Unternehmen vergeben wurden, über Steuern und Abgaben auf überhöhte Löhne und Gehälter und dergleichen mehr.
Die Ossis hatten schon vor der Vereinigung mit dem 1. Staatsvertrag die Arschkarte zugeteilt bekommen. Das alles erhöhte den Druck auf die Verhändler, die am Einigungsvertrag saßen. Denn je länger unter diesen erkennbar kritischen Umständen die Existenz der DDR währte, desto dramatischer und teurer würde alles werden. Die Weichen waren einfach falsch gestellt worden. Aber hatte es andere Möglichkeiten gegeben? .... Buch kaufen