Zum Tod von Ursula Karusseit

Am ersten Februar verstarb unsere Autorin Ursula Karusseit in Berlin.
Bis zuletzt arbeitete sie gemeinsam mit dem Verlag an ihrem neuen Buch »Zugabe«, in dem sie erneut plaudert über das Theater, das Leben. Leseprobe
»Einfach aufhören, meinen ›Ruhestand‹ genießen, das wäre nichts für mich. Ich bin und bleibe Schauspielerin, und jede Rolle ist eine neue Herausforderung, eine eigene kleine Welt, die man sich erschließt. Das hält den Kopf frisch.«
Das Buch wird zur Leipziger Buchmesse im Verlag Neues Leben erscheinen.

Nachruf:

Die Volksschauspielerin Ursula Karusseit ist am ersten Februar in Berlin-Buch im Krankenhaus  verstorben.

Die Karusseit – das bleibt für Millionen Fernsehzuschauer die Gertrud Habersaat aus Helmut Sakowskis »Wege übers Land«: eine kräftige, erwachende, herbschöne Frau. »Daniel Druskat« hieß dann gleichsam die Weiterführung dieser Adlershofer Erfolgsgeschichte, die das Genre Fernsehroman zum bleibenden Ereignis erhob.

Sie spielte an der Volksbühne unter Benno Besson die Rote Rosa in »Moritz Tassow« von Peter Hacks (Verbot nach nicht mal zehn Aufführungen), sie ging mit Besson ans Deutsche Theater, wechselte erneut mit dem Schweizer, diesem wohl naivsten, witzigsten Theatergrobian Europas, an den Rosa-Luxemburg-Platz, war die Shen Te in Brechts »Gutem Menschen von Sezuan«. Besson, der Mann, den sie 1969 heiratete – da war sie, die Konstellation, das Kraftzentrum vor allem an der Volksbühne, zu dem damals auch Fritz Marquardt, Manfred Karge und Matthias Langhoff zählten: Theater als tolle Direktheit, stark, kräftig, ein Medium der Quälgeister, ein Werk nicht des schönen, sondern des frechen Scheins. Die Karusseit mittendrin, in ihrem Element, das man als eine Melange bezeichnen könnte zwischen Vollkunstbühne DT und Volksbühne. Hier führte sie auch erstmalig, und sofort erfolgreich, Regie: Synges »Held der westlichen Welt«.
Sie verkörperte schauspielerische Unübertrefflichkeit in einem Spielbetrieb, der damals, in den Sechzigern und Siebzigern, noch nicht Regietheater hieß, aber sich doch großartiger, großer unartiger Regie verdankte.
Ab 1998 kam ihre Rolle als Charlotte Gaus in der Erfolgsserie »In aller Freundschaft« hinzu.
Von Anbeginn war sie auch im »Theater am Rand« ihres Kollegen Thomas Rühmann dabei - sie hat dort gespielt und Stücke entwickelt.

»Eine Familie« in der Komödie am Kurfürstendamm war ihr letztes großes Theater-Engagement in der Hauptstadt: Als »ein Theaterfest« beschrieb die Berliner Morgenpost die Premiere von »EINE FAMILIE« im Theater am Kurfürstendamm, die im Januar von Kritikern und Publikum gleichermaßen umjubelt wurde. Regisseur Ilan Ronen, Leiter des Habima-Nationaltheaters in Tel Aviv, hat das bitterkomische Generationendrama bereits in Israel mit großem Erfolg inszeniert. In Berlin setzt er das Stück mit einem hochkarätigen Ensemble neu in Szene: in den Hauptrollen sind Annette Frier (»Danni Lowinski«), Friederike Kempter (»Tatort Münster«), Ursula Karusseit (»In aller Freundschaft«) und Theaterrecke Felix von Manteuffel zu sehen.

Ursula Karusseit schrieb kürzlich: »Meinen ›Ruhestand genießen‹, das ist nichts für mich. Ich bin und bleibe Schauspielerin, und jede Rolle ist eine neue Herausforderung, eine eigene kleine Welt, die man sich erschließt. Das hält den Kopf frisch.«