Peter Hacks
Diesem Vaterland nicht meine Knochen
96 Seiten, brosch., 6.90 Euro
978-3-359-01695-3


Was gilt? Einst hatte Hacks gedichtet: »Ich bins zufrieden. Die Zerwürfnisse / Mit mir und denen sind nicht überscharf. / Hab nur erfüllbare Bedürf-nisse. / Schnaps, Liebe, Kunst sind, deren ich bedarf. // Des Fortschritts krümmster Weg ist so verschieden / Nicht vom schnellstmöglichen. Er schleppt und klimmt / Hinan, so wie er muß. Ich bins zufrieden / Und also nicht zum Lyriker bestimmt.«

Und gern zitiert wird dieses selbstironische Statement als Beweis dafür, daß es mit dem Lyriker Hacks so weit her nicht sein kann, da er offenbar selbst keine hohe Meinung von seiner Berufung hatte. Am Ende seines Lebens hört sich das ganz anders an. In einem Interview sagte Hacks: »Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gehört einfach Thomas Mann und Brecht. Thomas Mann gehört die Prosa und Brecht das Drama und die Lyrik. Was ich Ihnen als Vermutung anbiete, ist, daß die zweite Hälfte Arno Schmidt und mir gehört. Arno Schmidt für Prosa, mir für Dramatik und die Lyrik. Das sage ich mit dem Vorbehalt eines Menschen, der wirklich weiß, daß dies eine Art von Urteilen ist, die eigentlich nicht fällbar sind. Aber ich kann ja nicht so tun, als hätte ich kein Urteil.« Etwa gleichzeitig urteilt ein Kritiker, überrascht von seiner Lektüre: »Peter Hacks? »Gesammelte Gedichte« ist eins der vollkommensten Bücher der deutschen Literatur. (Der »Wechsel der Töne« zwischen Komik, hohem Ton, resignierter Zartheit, Grobianismus, zwischen den Versmaßen, Gattungen und Stilen ist von vollkommener Freiheit, Frechheit und Eleganz.) Hacks konnte alles.« (Stephan Wackwitz, taz)

Diese kleine Sammlung und ihr Titel gehen zurück auf die Gedichtauswahl, die der unlängst verstorbene Schauspieler und Hacks-Freund Eberhard Esche für sein letztes Hörbuch getroffen hat. Ihm ging es um eine kürzestmögliche Vorstellung des reichen lyrischen Werks von Hacks, vor allem aber war ihm daran gelegen, die »Jetztzeit«-Gedichte zu popularisieren - Texte, mit denen Hacks in den 90er Jahren scharf und aggressiv auf die Folgen der Herbstereignisse von 1989 reagiert hatte. So enthält das Bändchen neben Liebesgedichten und Balladen vor allem die, höchst aktuellen, Gedichte aus diesem Zyklus.